RAM-Wahnsinn: Frisst die KI ihre eigenen Nutzer?
Fordert der KI-Hype seine ersten 'Opfer'?
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Hast du in letzter Zeit mal nach RAM-Preisen geschaut? Falls nicht: Tu es nicht. Es sei denn, du stehst auf Schockzustände.
Ich wollte eigentlich meinem kleinen Home-Server (ja, der Docker-Host, auf dem mein ganzes Node-RED-Geraffel läuft) ein kleines Upgrade gönnen. Nichts Wildes. Ein bisschen mehr Luft für neue Container. Aber als ich die Preise gesehen habe, dachte ich erst, mein Browser rendert die Währung falsch.
Aber nein. Es ist Realität. RAM ist das neue Gold. Und schuld ist – Überraschung – mal wieder die KI.
Was zur Hölle passiert da gerade?
Kurz für die Techies unter euch (und für alle anderen, die sich fragen, warum der neue Gaming-PC plötzlich so viel kostet wie ein Kleinwagen): Die Hersteller wie Micron, Samsung und SK Hynix schaufeln gerade ihre kompletten Kapazitäten um.
Alle wollen HBM (High Bandwidth Memory). Das ist der superschnelle Speicher, den die fetten KI-Beschleuniger in den Rechenzentren brauchen, um uns ChatGPT 6.0 oder was auch immer zu servieren. Das Problem? Die Produktion von HBM ist aufwendig und frisst die Kapazitäten für den “normalen” DDR5-Arbeitsspeicher auf, den du und ich in unsere Rechner stecken.
Micron hat neulich sogar angekündigt, das Geschäft mit Consumer-RAM (Crucial) massiv einzudampfen, um sich voll auf die Datacenter zu stürzen. Das Ergebnis: Verknappung. Und was passiert bei Verknappung? Genau, die Preise explodieren. Ein 64GB-Kit kostet mittlerweile mehr als eine PlayStation 5. Das ist doch Wahnsinn.
Das Henne-Ei-Problem der KI-Revolution
Und jetzt kommen wir zu dem Punkt, der mich wirklich beschäftigt und der weit über “Mimimi, meine Hardware ist zu teuer” hinausgeht.
Die ganze Welt redet davon, wie KI unseren Alltag revolutionieren soll. Copilot hier, lokales LLM da. Wir sollen alle “AI PCs” kaufen, mit NPU und was weiß ich. Aber wenn die Hardware-Preise so weitergehen, steuern wir auf ein absurdes Paradoxon zu:
Wer soll den Kram eigentlich noch nutzen?
Denk mal drüber nach:
- Privatanwender: Wenn sich Otto Normalverbraucher keinen PC mehr leisten kann, der stark genug für moderne Anwendungen ist, fällt die breite Masse als Nutzerbasis weg. Wir gehen zurück zu “Thin Clients” – also dummen Bildschirmen, die nur noch Streaming aus der Cloud anzeigen.
- Entwickler & Creator: Ich bin Softwareentwickler. Ich brauche Power, um Code zu kompilieren, Container zu schubsen und Dinge zu testen. Wenn Nachwuchs-Entwickler, Studenten oder Open-Source-Maintainer sich die Hardware nicht mehr leisten können, wer baut dann die nächste Generation an Software?
- Der Datenschutz-Albtraum: Wenn RAM so teuer ist, dass wir keine lokalen KIs mehr laufen lassen können (weil die Modelle nun mal RAM fressen wie ich Kekse zu Weihnachten), dann sind wir gezwungen, alles in die Cloud zu schicken. Deine Daten? Liegen bei Microsoft, Google und OpenAI. Nicht, weil du es willst, sondern weil du dir den lokalen RAM nicht leisten kannst.
Die KI frisst ihre Kinder
Es fühlt sich so an, als würde die Industrie gerade den Ast absägen, auf dem sie sitzt. Die KI-Firmen brauchen uns – die Nutzer –, um ihre Modelle zu trainieren und ihre Abos zu verkaufen. Aber gleichzeitig sorgt ihr unstillbarer Hunger nach Hardware dafür, dass uns die Werkzeuge genommen werden, um überhaupt an diesem Ökosystem teilzunehmen.
Vielleicht ist das aber auch der Plan? Eine Rückkehr zum Mainframe-Zeitalter. Wir alle sitzen nur noch vor günstigen Terminals, zahlen monatlich unsere Gebühr an den großen KI-Mainframe und besitzen absolut nichts mehr selbst. “You will own nothing and be happy” – oder zumindest “You will own no RAM”.
Mein Fazit
Ich liebe meine Docker-Container und meine lokalen Server. Aber wenn der Trend so weitergeht, wird “lokale Hardware” zum Luxusgut für die oberen 10%.
Für mich heißt das erstmal: Hardware pflegen und behalten. Mein aktuelles Setup muss wohl noch ein paar Jahre länger durchhalten. Und vielleicht ist das auch eine Chance für uns Entwickler, endlich wieder effizienteren Code zu schreiben, statt einfach nur mehr Hardware auf schlechte Software zu werfen. Node.js läuft auch auf wenig RAM gut, wenn man es richtig macht. 😉
Wie siehst du das? Hast du noch vor, aufzurüsten, oder wartest du, bis die Blase platzt? Schreib mir gern oder triff mich auf ein Bier in Hannover – solange wir uns das noch leisten können.
Bleibt neugierig (und sparsam),
Alex